Arbeitsbereich Medienforschung der FU-Berlin

 

Institut für Pädagogische Psychologie und Medienpsychologie am Fachbereich Erziehungswissenschaft, Psychologie und Sportwissenschaft der Freien Universität Berlin

Prof. Issing:

Hauptseminar: "Online Studieren und Kooperativ Lernen - Beiträge zum Virtuellen College"

Wintersemester 1997/98

 

Schriftliche Abfassung des Referats

 

 

Das Virtual College Berlin-Brandenburg

 

1.April 1998

 

Nicolai Blank

 

Peer Göbel

Frederik Holst

Andreas Steinbrück

 

 

 

 


0. Einleitung (Peer Göbel)                                                                         

1. Konzept und Geschichte des Virtual College (Peer Göbel)       

1.1 Lehrformen                                                                                                                                                      

1.2 Studienbedingungen                                                                                                                                       

2. Das Web-Angebot des Virtual College (Frederik Holst)             

2.1 Technischer Aufbau                                                                                                                                        

2.2 Die Rubriken des Web-Angebotes                                                                                                              

2.2.1 Veranstaltungen                                                                                                                                         

2.2.2 Partner                                                                                                                                                       

2.2.3 Sponsoren                                                                                                                                                  

2.2.4 Essays                                                                                                                                                        

2.2.5 Dozenten                                                                                                                                                    

2.2.6 Studenten                                                                                                                                                 

2.2.7 Tips & Tools                                                                                                                                           

2.2.8 Aktuell                                                                                                                                                     

2.2.9 Videokonferenz                                                                                                                                      

2.2.10 Links                                                                                                                                                      

2.2.11 Newsletter                                                                                                                                             

2.2.12 Sekretariat                                                                                                                                             

2.2.13 Konzept                                                                                                                                                 

3. Das Virtual College – Aktuelles (Andreas Steinbrück)             

3.1 Ist das Virtual College gescheitert? Und wenn warum?                                                                     

3.2 Was ist noch geplant?                                                                                                                                  

4. Die Evaluation (Nicolai Blank)                                                            

4.1. Allgemeines                                                                                                                                                  

4.2. Bewertung                                                                                                                                                    

4.3. Verbesserungsvorschläge                                                                                                                          

5. Zusammenfassung (Peer Göbel)                                                         

6. Literatur                                                                                                  

 


0. Einleitung

Virtuelles Lernen kann viele Formen haben - mit dem Zeitalter der Multimedia- und Informationsgesellschaft starteten verschiedene Projekte in diesem Kontext mit verschiedenen Zielsetzungen und Hintergründen. Ein herausragendes Beispiel ist das Virtual College Berlin-Brandenburg, das als Kooperation der Berliner und Brandenburger Hochschulen und Universitäten 1996 ins Leben gerufen wurde.

Diese Arbeit will einen Überblick über den derzeitigen Stand geben und in Ansätzen die Entwicklung bewerten. Die überfällige Evaluation können wir jedoch nicht leisten.

Im ersten Teil werden wir einen Abriß der Geschichte des Virtual College Berlin-Brandenburg geben, die eng mit seiner Konzeption verbunden ist.

Der zweite Teil untersucht die derzeitige Netzpräsenz des Virtual College, die Grundlage der aktuellen Inhalte und Planungen.

Im dritten Teil wird angesprochen, in welcher Form noch im Rahmen des Virtual College gearbeitet wird und wie eine Fortsetzung aussehen könnte.

Die Bewertung des Pilotprojekts durch Beteiligte, die wir im abschließenden Teil anführen, wird ergänzt durch theoretische Überlegungen zu Online-Universitäten und -Studien allgemein.

Die Zusammenfassung führt abschließend die Problemfelder des Modellversuchs aus unserer Sicht auf.

Bei der Recherche griffen wir einerseits auf die eigenen Erfahrungen zurück, die zwei von uns als Systemadministratoren und Hilfskräfte beim Virtual College sammeln konnten. Andererseits erfragten wir per E-Mail Betrachtungen der Dozenten, die allerdings nicht so umfangreich wie erhofft ausfielen. Auf die Darstellung einzelner Kooperationen haben wir verzichtet, da eine bewertbare Dokumentation auf den Internetseiten nicht vorliegt, die Vorgänge nur in Ansätzen rekonstruierbar sind.

Der Modellversuch Virtual College Berlin-Brandenburg gilt mit dem Wintersemester 1997/98 als abgeschlossen. Es erscheint wichtig, das Projekt krititsch zu beleuchten, zur Diskussion zu stellen und die gemachten Erfahrungen weiterzutragen.


1. Konzept und Geschichte des Virtual College

Im Sommersemester 1996 entstand ein Pilotprojekt der Hochschulen in Berlin und Brandenburg, das sich zum Ziel gesetzt hatte, die virtuelle Universität zu erproben. Die Konzeption des Virtual College Berlin-Brandenburg schloß auch die kritische Begleitung der neuen Lernwelten mit ein und erfaßte viele Entwicklungen, gekleidet in Begriffe des Zeitgeistes.

Die Rahmenbedingungen waren günstig, tatkräftige Unterstützung kam von der Deutschen Telekom, neben den Vertretern diverser Hochschulen konnten auch Partner auf dem freien Markt gefunden werden, wie die Bildo-Akademie und Pixelpark. Die Initiative des Instituts für Medienintegration (IMI) zog seine Kreise und schuf eine Euphorie für die neuen Medien an den Hochschulen und einen vorauseilenden guten Ruf über die Ländergrenzen hinaus.

Über vier Semester wurden diverse Angebote im Umfeld von "Telekooperativem Lernen" außerhalb und innerhalb des Internets geschaffen, an acht Hochschulen und drei Bildungseinrichtungen stellten rund fünfzig Dozenten ihre Veranstaltungen in diesen Kontext.

Ein erklärtes Ziel des Virtual College war die Verbesserung der Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden und zwischen den Studenten untereinander. Zu diesem Zweck wurde eine allgemeine Mailinglist eingerichtet sowie in diversen Seminaren die Kontaktaufnahme übers Netz eingefordert - mit unterschiedlichem Erfolg. Eine studentische Arbeitsgruppe war maßgeblich an der Konzeption des gesamten Projektes beteiligt, löste sich jedoch mangels Zuspruchs auf.

Das Veranstaltungsangebot im ersten Semester erstreckte sich über verschiedene inhaltliche Kategorien wie Medien, Kultur, Sprache, Architektur oder Umwelt und erschien auch als Broschüre.

Für die nächsten Semester wurde entschieden, das Programm nur noch im Internet anzukündigen, was sich nachteilig auf die Beteiligung auswirkte: anscheinend war für einen guten Teil der am virtuellen Lernen Interessierten die ausschließlich virtuelle Präsentation ein Hinderungsgrund, am Virtual College teilzunehmen, acuh Dozenten waren teilweise überfordert.

Vielfach hatten die Lehrenden auch das Gefühl, nicht ausreichend Feedback zu erhalten bzw. nirgendwo mit ihrem Angebot zu erscheinen. So kam es auch zu einem Rückgang des Angebots im zweiten und im dritten Semester.

Verschiedene Projekte entstanden aus dem Umfeld des Virtual College heraus, an dem sich auch die Studierenden beteiligen konnten. Wenn auch die Ausstellungen „e-motions“ und „Mythos Multimedia“ letztlich nicht umgesetzt wurden, können ähnliche innovative Projekte sowie Vorträge und Tagungen an den VC-Standorten dem Angebot zugutegeschrieben werden.

Die regelmäßigen Sitzungen der VC-Gruppe unter der Leitung von Michael Wolff, bei denen die meisten Hochschulen vertreten waren, koordinierten das Geschehen und zuletzt insbesondere die Vorträge über das MBone-Protokoll, ein Videokonferenz-System, das allerdings mit einer hohen Übertragungsunsicherheit zu kämpfen hatte.

Zu der aktuellen Situation im Wintersemester 1997/98 kommen wir in den folgenden Teilen der Arbeit.

 

1.1 Lehrformen

Insgesamt fielen unter den Begriff "Virtual College" sehr unterschiedliche Formen von Veranstaltungen; einige beschäftigten sich nur inhaltlich mit den neuen Medien, andere wurden lediglich über das Internet angekündigt und der Dozent besaß eine E-Mail-Adresse - nur wenige löbliche Ausnahmen nutzten die Kapazitäten des Netzes zur regelmäßigen Dokumentierung und Unterstützung der Lehre, setzten Techniken wie Videokonferenzsysteme oder Expertenchats ein.

Die Broschüre, die zur Eröffnung des Pilotprojekts erschien, stellt als „Szenarien des neuen Lernens“[1] verschiedene Schritte zum Erreichen eines ausschließlich virtuellen Studiums vor, dem man aber auch im Virtual College immer kritisch gegenüberstand.

Realistischer und immer noch aktuell sind die Vorschläge der studentischen Arbeitsgruppe zur Gestaltung der Lehrveranstaltungen. Susanne Oppitz entwirft ein Konzept[2], in dem die Veranstaltungsunterlagen über das WWW abrufbar, multimedial ausgearbeitet und auch diskutierbar sind. In diesem Szenario spielen die Studierenden eine mitgestaltende Rolle - Virtualität sollte auch die Grenzen der Seminarstruktur sprengen.

In Robert Strzebkowskis „Didaktischen Gedanken zum Virtual College“[3] werden verschiedene potentielle Seminarpläne mit multimedialen Elementen präsentiert. Er schreibt im Januar 1996: „Die didaktischen, sozialen und organisatorischen Aspekte werden weitgehend auf den Erfahrungen aus klassischen Unterrichtsformen basieren, erfahren jedoch durch die Einbeziehung der Telekommunikationstechniken eine Modifikation und werden neue Formen hervorbringen.“[4] Das Virtual College griff diesen Punkt auf, geriet aber teilweise auch in die Gefahr, „die technische Medienfaszination [...] allein über die didaktischen Formen der Seminare bestimmen“[5] zu lassen.

 

1.2 Studienbedingungen

Das Rahmenkonzept sah eine kostenlose Teilnahme beim Virtual College vor, die eine Offenheit auch gegenüber Nicht-Studenten, also auch Schülern, Angestellten und Arbeitslosen bedingte.

Die verliehenen Scheine waren reine Teilnahmenachweise, die nicht in einem Kontext eines virtuellen Studiengangs standen, in Einzelfällen konnten auch universitär anrechenbare, benotete Scheine erlangt werden.

Physikalische Anwesenheit war bei den Lehrveranstaltungen Bedingung - virtuell gab es Lehr- und Arbeitsmaterialien. Der Einsatz von neuen Medien fand vor allem in den Veranstaltungen selbst statt, im Netz gab es komplementäre Angebote, in Ausnahmen wurden einzelne Vorträge im WWW abgelegt und per Videokonferenz übertragen.

 

 


2. Das Web-Angebot des Virtual College

 

Das Web-Angebot des Virtual College sollte dazu dienen, den unterschiedlichen Veranstaltungen an den einzelnen Universitäten ein einheitliches Dach zu geben, unter dem sich die Angebote sammeln konnten und somit allen Teilnehmern und Dozenten zur Verfügung standen. Dies war der eigentliche Teil des Virtual College, der "virtual" war, da man so sehen konnte, was z.B. an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder angeboten wurde und sich bei entsprechendem Engagement des jeweiligen Dozenten auch die Materialien der Lehrveranstaltung ansehen konnte.

Darüberhinaus sollte es Schnittstelle zu der Virtual College-Koordination sein, bei der man sich z.B. für das Virtual College anmelden oder sich auf die Mailingliste eintragen konnte.

Den Studierenden wurde außerdem die Möglichkeit gegeben, ihre Arbeiten auf den Seiten des Virtual College zu veröffentlichen. Um auch HTML-Unkundigen dieses zu ermöglichen, gab es ebenfalls abrufbar eine ausführliche Einführung und Erklärung der Seitenbeschreibungssprache.

Außenstehende sollten letztendlich einen Überblick über die Ziele und Möglichkeiten des Virtual College bekomen. Dies ist besonders gut an den vielen Zuschriften außerhalb Berlin-Brandenburgs zu sehen gewesen, die sogar bis aus Korea zugesendet wurden.

 

2.1 Technischer Aufbau

 

Der Aufbau der Seiten gliedert sich in jedem der einzelnen Unterpunkte in eine Navigationsspalte zur Linken und ein Inhaltsfeld auf der Rechten.

Im Wintersemester 1996/97 hat der Aufbau der Seiten des Virtual College eine größere Veränderung erfahren. Hier wurde die Frametechnik zur einfacheren Handhabung für die Webadministratoren und zur besseren Übersicht für die Nutzer eingeführt. Das umständliche Hochfahren zum Anfang der Seite, welches nötig war, wenn man bei einem langen Text zu einem anderen Punkt springen wollte, entfiel damit.

Zudem war es somit viel problemloser möglich, neue Rubriken in die Navigationsleiste einzufügen, da es bei der Frametechnik möglich ist, eine einzige Seite als Navigationsleiste zu definieren und nur diese dann immer wieder ändern zu müssen. Vormals war es bei einem solchen Vorgang erforderlich, auf jeder Seite, die Navigationsleiste von Hand zu ändern, was bei Rubriken, die wieder mehrere Unterpunkte oft ein sehr umständliches Unterfangen war.

Ebenfalls wurde zu dieser Zeit die Automatisierung der Anmeldung für das Virtual College durch die Verwendung von CGI-Anwendungen in der Script-Sprache tcl ein Stück weit vorangetrieben. Die Anmeldung konnte nun im Netz vorgenommen werden und ein gewünschter Eintrag auf die Mailingliste konnte ebenfalls dadurch ermöglicht werden.

Leider erwies sich das Prozessrechenzentrum (PRZ) der TU-Berlin nicht immer als sehr kooperativ, so daß weitergehende Maßnahmen, die den Ablauf noch schneller in der Bearbeitung und einfacher für den Benutzer gemacht hätten, nicht mehr in diesem Zeitraum realisiert werden konnten.

Aus vielleicht eben diesem Grund war es auch für Studenten nicht möglich, einen Account auf dem Rechner des Virtual College zu bekommen um dort eigene Seiten anzulegen. Dies mußte immer in Rücksprache mit dem PRZ und den Webadministratoren erfolgen, obwohl es aus netzsicherheitstechnischer Hinsicht keine begründeten Bedenken dagegen gegebn hatte.

Vielleicht erklärt dies auch, weshalb nur wenige Studenten ihre Arbeiten im Rahmen des Web-Angebotes des Virtual College abgelegt haben.

 

2.2 Die Rubriken des Web-Angebotes

 

Das Web-Angebot gliedert sich in die folgenden Rubriken: Veranstaltungen, Partner, Sponsoren, Essays, Dozenten, Studenten, Tips & Tools, Aktuell, Videokonferenz, Links, Newsletter, Sekretariat, Konzept.

Mit abnehmendem Engagement der Koordination und der übrigen Teilnehmer (sowohl auf Studenten- wie auch auf Dozentenseite) nahm auch die Aktualität der Seiten ab.

So wurde zwar versucht, zum jeweiligen Semesterbeginn die dringend notwendigen Angebote wie Dozenten und Lehrveranstaltungen auf den neuesten Stand zu bringen, in anderen Bereichen, wie z.B. Studenten oder auch Aktuelles tat sich nichts bis wenig.

 

2.2.1 Veranstaltungen

 

Unter diesem Punkt wurden die Veranstaltungen des jeweiligen Semesters vorgestellt. Hier gab es mehrere Ansätze im Laufe des Virtual College. Ein thematisch sortierter Aufbau stand einem nach Standort sortiertem gegenüber. Letzerer hatte sich im zweiten Halbjahr als sinnvoll erwiesen, da zum einen die Anzahl der angebotenen Lehrveranstaltungen abnahm, zum anderen die Auswahl der Kurse für die Studierenden an der jeweiligen Heimatuniversität erleichtert wurde.

 

2.2.2 Partner

 

Eine Auflistung der beteiligten Institutionen aus dem Berlin-Brandenburger Raum ist hier zu finden. Es beteiligten sich sowohl Universitäten und Fachhochschulen als auch private Einrichtungen und Ausbildungsstätten, wie z.B. die bildo akademie oder das Institut für Medienintegration, in dessen Räumen auch die Serverwartung stattfand.

 

2.2.3 Sponsoren

 

Es gab zu Beginn des Virtual College eine Vielzahl von Einrichtungen und Unternehmen, die sich an diesem Projekt beteiligen wollten. Dazu zählten neben den schon unter dem vorigen Punkt genannten auch die Deutsche Telekom, die ISDN-Router und -Leitungen kostenlos zur Verfügung stellte und auch die Werkverträge für die studentischen Hilfskräfte finanzierte auch Firmen, die sich weniger stark mit Bildung im Netz befassen, wie z.B. AOL, Teles, Sony oder Hewlett Packard.

 

2.2.4 Essays

 

Dies war der einzige Punkt, an dem sich Studenten aktiv beteiligen konnten und ihre Arbeiten, die sie im Rahmen einer Virtual College-Veranstaltung geschrieben haben, im Netz veröffentlichten. Es war keine Voraussetzung, die Arbeit in HTML abzugeben, die Konvertierung wurde ansonsten von den studentischen Hilfskräften vorgenommen.

Trotzdem finden sich gerade acht Arbeiten von Studierenden an diesem Platz.

 

2.2.5 Dozenten

 

Wer sich seine Veranstaltungen lieber nach den Dozenten aussuchen wollte, der konnte dies unter dieser Rubrik tun. Wo möglich wurde hier auf die Homepages der Dozenten verwiesen und nur falls diese Information nicht vorhanden war, auf die entsprechende Stelle bei den Veranstaltungen gelinkt.

 

2.2.6 Studenten

 

Dieser Punkt hat die wahrscheinlich stiefmütterlichste Behandlung erfahren. Zum einen, weil sich die studentische Vorbereitungsgruppe sehr schnell wieder aufgelöst hatte, zum anderen, weil es in bezug auf die Erweiterung von Möglichkeiten der Mitgestaltung des Web-Angebots im Virtual College kaum nennenswerte Veränderungen gab.

 

2.2.7 Tips & Tools

 

Noch aus dem ersten Semseter stammen diese seitdem auch nicht mehr aktualisierten Seiten, die einen sehr guten Überblick über HTML und die Programmierung von Internet-Seiten auf der einen und eine Ansammlung von nützlichen Programmen zur Handhabung von PC und Internet auf der anderen Seite bieten. Hervorzuheben hier ist die Schritt-für-Schritt Erstellung einer Hompage von Stefan Bode und das gespiegelte HTML-Kompendium von Stefan Münz.

 

2.2.8 Aktuell

 

Der Bereich Aktuell war eine Rubrik, die ihrem Namen nicht immer Ehre erwiesen hat. Oft wurden Veranstaltungen, die außerhalb des normalen Lehrbetriebes angeboten wurden, zu spät ins Netz gestellt und als das Angebot später nicht mehr groß genug war, wurden alte Punkte nicht mehr herausgenommen und private Aktivitäten, wie der Theoriezirkel Neue Medien, der außerhalb des Virtual College lief, fanden dafür ebenfalls dort ihren Platz.

Heute kann man unter diesem Punkt immer noch das Ende der Projektphase im Sommersemester 1997 und den Beginn der letzten Projektphase am 29.04.1997 finden.

 

2.2.9 Videokonferenz

 

In diesem Bereich wurde zum einen Hintergrundinformationen in Form von Links zu den Themen MBone und Videoübertragung geliefert, zum anderen sollten hier Veranstaltungen, die Videoverbindungen nutzen, angekündigt werden. Besonders engagiert haben sich in diesem Bereich die Professoren Fellbaum und Beuschel von der TU Cottbus.

Leider waren in den meisten Fällen die technischen Voraussetzungen nicht so günstig, daß die Videoübertragung wirklich als eine Bereicherung gesehen werden konnte. Das Teilnehmen am heimischen PC war studentische Teilnehmern jedenfalls auf Grund der fehlenden Rechenleistung nicht möglich.

 

2.2.10 Links

 

Hier finden sich Links zu anderen Seiten, die sich mit Telelernen, virtueller Universität und Wissenschaft im Netz befassen. Eine Sammlung, die einen guten Einstieg in die unterschiedlichen Herangehensweisen zu diesem Thema bietet.

 

2.2.11 Newsletter

 

Unter dieser Rubrik befindet sich der Newsletter des Projektes Multimedia-Wohnen, welches von dem Insitut für Medienintegration durchgeführt wurde. Es sind jedoch nur zwei Ausgaben ins Netz gestellt worden. Der thematische Zusammenhang zu dem Virtual College ist fragwürdig.

 

2.2.12 Sekretariat

 

In diesem Bereich konnten interessierte Studenten sich für das Virtual College anmelden und sich auf die Mailigliste setzen lassen. Außerdem wurden hier Ansprechpartner genannt, wenn es z.B. um Accountfragen ging. Nach dem Wegfall des eigentlichen Virtual College-Sekretariats in Frankfurt/Oder, verlor dieser Punkt jedoch an Bedeutung, da damit die Anmeldung nur noch statistischen Zwecken diente und nicht mehr an die Teilnahme gebunden war.

 

2.2.13 Konzept

 

Das Konzept, das sich hinter dem Virtual College befand, findet sich hier in von Dr. Ulrich Lange verfasster Form. Inhalt und Ziele dieses Projekts waren so eindrucksvoll, daß Nutzer aus ganz Deutschland und weit darüber hinaus großes Interesse an einer Teilnahme äußerten. Dies konnte aufgrund der zwingend notwendigen physischen Präsenz in den Seminaren natürlich nicht geschehen. Dennoch demonstriert dies die hohe Nachfrage nach Möglichkeiten einer vollständigen "virtuellen" Universität. Ob diese dann auch den hohen Erwartungen gerecht werden könnte, bleibt fraglich.

 


3. Das Virtual College – Aktuelles

 

Der Versuch des Virtual College ist wie geplant mit dem Ende des Sommersemesters 1997 beendet worden. Es handelte sich bei diesem Projekt von Anfang an um ein zeitlich auf zwei Semester limitiertes.

Es bestehen aber noch zahlreiche Wünsche, das Projekt in einer neuen Form wieder aufzunehmen. Wie ein solches neues Projekt aussehen könnte, ist noch nicht bekannt.

 

Im Moment scheint es so, als hätten die ehemals für das Virtual College Verantwortlichen ihre Verantwortung mit dem Sommersemester 1997 abgelegt. Das Virtual College existiert momentan nur noch als bloßer Name oder als Überschrift von Homepages einiger ehemaliger Dozenten. Diese Dozenten arbeiten noch mit dem Begriff des Virtual College, obwohl das Projekt ja bekanntlich ausgelaufen ist. Das läßt einen Rückschluß auf die große Medienwirksamkeit, die mit diesem Namen verbunden ist, zu.

Die Homepage des Virtual College ist schon seit Mitte 1997 [AST1] nicht mehr aktualisiert worden. Man sucht vergeblich nach aktuellen Statements oder Rückblicken.

Der ehemalige Verbund des Virtual College hat sich in eine lose Ansammlung von Angeboten verschiedener Dozenten reduziert, die in keiner Verbindung miteinander stehen. Dabei steht hauptsächlich die Bereitstellung von Lehrmitteln (Literatur) und Diskussionsforen im Mittelpunkt der Anwendung.

Auf Nachfragen bei diesen Dozenten wurde öfters erwähnt, daß das Virtual College eine positive Erfahrung war und daß sie auch bereit wären, wieder daran teilzunehmen. Es scheint aber keine Anlaufstation zu existieren, welche die einzelnen Wünsche der Dozenten sammelt und organisiert.

Im Wintersemester 1997/98 hätten eigentlich die Erfahrungen mit dem Virtual College zusammengestellt und auf der Homepage dargestellt werden sollen (auch jetzt noch im März 1998 wird auf der Homepage darauf verwiesen), dieses ist aber bislang noch nicht geschehen.

Wie schon oben erwähnt, beschränkt sich das Virtual College nur noch auf vereinzelte Angebote verschiedener Dozenten im Rahmen ihrer eigenen Lehrtätigkeit.

 

 

3.1 Ist das Virtual College gescheitert? Und wenn warum?

 

Ein Grund, warum das Virtual College nicht mehr existiert (das Projekt nicht mehr weitergeführt / verlängert wurde), ist wohl der, daß der hohe Kostenaufwand für die digitalen Leitungen, die für multimediale Videokonferenzschaltungen nötig sind, nicht von den Hochschulen allein getragen werden können. Nur durch den Hauptsponsor, die Deutsche Telekom, war das möglich. Wenn ein solcher Sponsor nicht zur Verfügung steht, bleibt nur noch die Erhebung einer Studiengebühr für das Virtual College übrig, die man aber in jedem Fall verhindern wollte.

Andererseits kam der Großteil der Veranstaltungen ohne diese hochtechnisierten Leitungen aus. Die Chancen liegen wohl „in der Vernetzung von Bildungseinrichtungen untereinander und der Verbund dieser `Orte` mit den Haushalten der dort tätigen Personen, vor allem im Aufbau und Ausbau von Telekooperationssystemen.“[6]

Insgesamt schrieben sich 500 Studenten im Virtual College gebührenfrei ein, „aber nur ein geringer Prozentsatz der Virtual College-Studenten sah sich gleich zu Beginn des Projekts in der Lage, die neuen Techniken entsprechend einzusetzen. Auch eilig durchgeführte Crashkurse konnten die Skepsis zahlreicher Computerneulinge nicht tilgen. Sie sprangen ab oder beteiligten sich nur theoretisch am Programm.“[7]

Es gab auch einige rein technische Probleme z.B. mit den Leitungen, was die Durchführung der Sitzungen erschwerte.

Auch waren Dozenten enttäuscht, da ein „falscher“ Adressatenkreis angesprochen wurde, was teils auf unzureichende Darstellungen der Seminare im virtuellen Vorlesungsverzeichnis zurückzuführen war.

Dennoch kann man sich die Frage stellen, warum ein solch groß angelegtes Projekt so still ausgeklungen ist. Kaum eine öffentliche  Stellungnahme oder Evaluation ist bislang zu finden.

Das läßt sich vielleicht damit erklären, daß anscheinend noch keine umfassende Beschreibung der Ergebnisse des Projekts und auch noch kein abschließendes Fazit durch die Verantwortlichen veröffentlicht wurde.

 

 

3.2 Was ist noch geplant?

 

Das Virtual College wird in der Form, wie es durchgeführt wurde, wahrscheinlich nicht noch einmal „wiederbelebt“ werden. Es gibt Ansätze, die gemachten Erfahrungen in anderen Projekten anzuwenden. Das Hauptproblem scheint mir, wie schon erwähnt, die mangelnde Organisation zu sein.

Auch sollte eine neue Konzeption für ein neues Virtual College im Laufe des Wintersemester 1997/98 entwickelt werden. Es macht nicht den Anschein, daß etwas derartiges in Arbeit ist.

 

Im Laufe des Jahres 1997 wurde auf der Homepage des Virtual College angekündigt, daß das neue Virtual College als ein offener Wissensmarkt konzipiert und am 1. November 1997 eröffnet werden sollte. Studenten und Wissenschaftler aller Fachrichtungen, so hieß es, sollten Zugang zu diesem Wissensmarkt haben. Es sollten virtuelle Foren zu den verschiedensten Themenfeldern eingerichtet werden. Literatur und Arbeiten von Studenten und Lehrenden sollten auf dem Server abrufbar sein. Die Idee eines solchen neuen Virtual Colleges klingt sicher nicht schlecht, doch wurde dieser Hinweis recht schnell wieder von der Homepage genommen und durch den Hinweis ersetzt, die bisherigen Erfahrungen des alten Virtual College zu sammeln. Wie schon oben erwähnt, macht es den Anschein, daß niemand die Verantwortung für ein neues Projekt übernehmen will. Daß die Idee eines solchen Wissensmarktes nicht schlecht ist, liegt auf der Hand. Was im Moment praktiziert wird, kann ja auch als eine Art von Wissensmarkt verstanden werden. Allerdings ist er nicht offen, sondern sehr eingeschränkt sowohl im Umfang als auch im Anwenderkreis. Diese losen Wissensansammlungen im Netz zu sammeln und strukturiert einer breiten interessierten Öffentlichkeit darzulegen und anzubieten, wäre sicher eine lohnenswerte Alternative.

Es gibt auch noch weitere Initiativen, die auf der Grundlage der im Virtual College gemachten Erfahrungen neue Möglichkeiten der multimedialen Anwendungen für das universelle System suchen. Prof. Issing hat mit einer kleinen Gruppe von Professoren einen ersten Schritt in dieser Richtung schon getan. Man kann auf Ergebnisse gespannt sein und hoffen, daß diese dann einer interessierten Öffentlichkeit auch strukturiert dargestellt werden.


 

 

4. Die Evaluation

4.1. Allgemeines

 

Da das VC in erster Linie einen Versuch darstellte, die traditionelle Hochschullehre mit modernsten Techniken aus Multimedia und Telekommunikation zu verbinden, um Studierenden in Zukunft die Möglichkeit zu bieten, „(...), zertifizierte Studienleistungen im Kontext telekooperativen Lernens zu erbringen“[8], ist es dringend erforderlich, neben Erfolg oder Mißerfolg auch die Meinung sowohl der beteiligten Dozenten als auch der Teilnehmer - zumeist Studenten - festzuhalten und zu analysieren. Inwieweit das intern bereits geschehen ist, liegen keine Informationen vor; hier sollte unabhängig davon der Versuch gemacht werden, mit den Dozenten und den Organisatoren des VC Kontakt aufzunehmen und drei konkrete Fragen zu stellen:

1.) Wie bewerten Sie das VC im nachhinein?

Welche Dinge sind positiv gelaufen und was war im Gegenteil problematisch?

2.) Welche Verbesserungen schlagen Sie vor?

3.) Ist ein neues VC in Zukunft überhaupt sinnvoll?

 

Wünschenswert wäre auch eine Evaluation unter den teilnehmenden Studenten gewesen. Dieses Vorhaben wurde jedoch angesichts der Termingebundenheit dieser Arbeit und dem vergleichsweise hohen Aufwand fallengelassen.

 

Auf der Grundlage der Dozentenliste des VC[9] wurden insgesamt 17 Dozenten, einschließlich jeweils zweier an der Organisation beteiligter Uni-Angestellten und Studenten, per e-mail angeschrieben bzw. direkt befragt.

Leider blieb der Rücklauf gering: Lediglich fünf der angeschriebenen Dozenten antworteten auf o.g. Fragen; die beiden Studenten äußerten sich mündlich. Ob das an der gewählten Kommunikationsform (e-mail), an Desinteresse bzw. Zeitmangel oder am „inoffizellen“ Status der Anfrage, in einem für die meisten doch noch sehr unübersichtlichen Medium wie dem Internet lag, muß offen bleiben.

Um nichtsdestotrotz an dem Vorhaben festzuhalten, wurde es unter Hinzuziehung themenbezogener Artikel aus dem WWW und Ergebnissen ähnlicher Pilotprojekte in verändertem Rahmen einfach fortgeführt und konzentrierte sich dabei vor allem auf die Frage, welche Modelle einer multimedialen und telekommunikativen Lehre in Deutschland denkbar sind und wie diese von erfahrenen Dozenten und Studenten eingeschätzt werden.

4.2. Bewertung

 

Bei der Bewertung des VC und ähnlicher Projekte fällt auf, daß grundsätzlich alle Beteiligten Versuche dieser Art, die traditionelle Hochschullehre den technischen und didaktischen Erfordernissen des sog. „Informationszeitalters“ anzupassen, einhellig begrüßen. Dabei geht es vor allem darum, sowohl die schier unbeschränkten Möglichkeiten des Zugriffs auf sowie des Austauschs von Informationen, als auch ihrer Darstellung mit Hilfe multimedialer Mittel zu nutzen.

Über die Gestaltung solcher Projekte herrschen jedoch unterschiedliche Vorstellungen.

Hinsichtlich des VC wurden im wesentlichen drei grundsätzliche Faktoren bemängelt:

 

1.) Die technischen Schwierigkeiten, bzw. das Fehlen entsprechender Ressourcen.

So seien einige geplante Projekte, wie der von den Veranstaltern favorisierte Einbezug von Videokonferenzen, gemessen an den zur Verfügung stehenden Rechnerleistungen, bzw. den sehr unterschiedlichen Standards der Ausrüstungen der Teilnehmern, zu überambitioniert und darüber hinaus hinsichtlich ihres geringen didaktischen Wertes („eine reine Ausweitung der Zuhörerscharen“)[10] sogar überflüssig gewesen. Auch sei die Qualität und der Umfang der virtuell präsentierten Teile einer Veranstaltung zu stark vom jeweiligen Know-how der Dozenten abhängig gewesen und hätte so eine einheitliche Konzeption der Lehre erschwert. Andererseits sei das Fachwissen und die Mitarbeit der teilnehmenden Studierenden stark eingeschränkt worden, weil ihnen keine Accounts auf dem VC-Server eingerichtet und somit nicht die Möglichkeit einer Präsentation ihrer Arbeitsergebnisse/Ideen etc. ermöglicht worden sei.

 

2.) Das Fehlen einer kooperativen Organisationsstruktur.

Ein grundsätzliches Problem war das Fehlen eines einheitlichen Konzeptes, das von zentraler Stelle aus hätte gesteuert und nachgebessert werden können; einer Anlauf- und Sammelstelle für Fragen, Probleme, Vorschläge und nicht zuletzt Initiativen beteiligter Dozenten. Natürlich wäre das nur auf der Grundlage einer ausreichenden Finanzierung und Unterstützung seitens der Universitäten oder aus Drittmitteln möglich gewesen. Konkret bedeutet das die Einrichtung mindestens einer Stelle, etwa für eine(n) Wissenschaftliche(n) Mitarbeiter(in), die sich über die Koordination und Verwaltung des VC hinaus mit konzeptuellen und didaktischen Fragen beschäftigt. So aber ist es gar nicht erst zur Herausbildung und Implementierung einer übergeordneten Struktur gekommen. Stattdessen gestalteten die einzelnen Dozenten ihre Veranstaltungen von Anfang an nach ihren eigenen Vorstellungen. Ein solches Vorgehen wiederum verhindert die Entwicklung qualitativer Standards multimedialer und virtueller Lehre, ganz abgesehen von der Problematik einer einheitlichen Bewertung der studentischen Mitarbeit.

 

3.) Die mangelnde Adaptivität eines solchen zeitlich begrenzten Versuches auf die Anforderungen einer langfristigen Hochschullehre.

Die zentralen und langfristigen Aufgaben der Hochschullehre sind nach wie vor die Vermittlung wissenschaftlicher Arbeitsweisen, inhaltlicher Zusammenhänge, eines möglichst zusammenhängenden Übersichts-, sowie eines thematisch vertieften Detailwissens und nicht zuletzt die Prüfung der erlernten Fähigkeiten und des Fachwissens der Studenten. Diesen Anforderungen kann ein unter den oben geschilderten Umständen zeitlich begrenztes Projekt wie das VC keinesfalls entsprechen und demzufolge auch nicht den Anspruch haben, eine Alternative zu der traditionellen Hochschullehre zu bieten. Greifbarstes Beispiel ist hier das Problem der Überprüfung und Benotung der Teilnahme an und der Beiträge zu den Veranstaltungen seitens der Studenten. Zwar gibt es im Einzelfall bereits erprobte Möglichkeiten, jedoch fehlt hier ein gängiges, breit anwendbares didaktisches Konzept, sowie eine sich hieraus und aus den inhaltlichen Anfordernissen des Faches ergebende Studienordnung. So bieten sich zwar im Rahmen eines Projektes wie dem VC Lösungen an, die es erlauben z.B. Internet und Multimedia basierte Seminare in den Hochschulbetrieb einzubauen. Doch handelt es sich dabei zumeist um provisorische und auf den Einzelfall begrenzte Regelungen, die eines langfristigen und fächerübergreifenden Studienkonzeptes entbehren und sich daher nicht auf das Modell einer teilweise oder gänzlich virtuellen Hochschullehre übertragen lassen.

Hier aber stoßen wir auf ein viel weitreichenderes Problem: Nämlich der Frage, was unsere Universitäten in Zukunft leisten sollen. Inwieweit müssen Lehrpläne und -inhalte, Didaktik und Hochschulstruktur den Möglichkeiten und Erfordernissen eines virtuellen und digitalen Informationszeitalter angepasst werden?

 

4.3. Verbesserungsvorschläge

 

Es fällt auf, daß sich Verbesserungsvorschläge eher an projektbezogenen Detailfragen orientieren und sich um eine Diskussion solch grundsätzlicher Fragen drücken. Das mag mit der Dimension der anstehenden Aufgaben zusammenhängen, die in Bezug auf die immer schnellere Entwicklung in der Informationstechnik, der Forschung und dem Bereich der Multimedia auf die Hochschulen zukommen und untrennbar mit den Erfordernissen einer breiten Bildungsreform verbunden sind.

 

Die Befragung der Dozenten nach Ihren Verbesserungsvorschlägen brachte unter Einbezug theoretischer als auch praxisbezogener Artikel zwei unterschiedliche und grundsätzliche Ansätze zutage, wie die Hochschullehre in Verbindung mit Multimedia und Telekommunikation verbessert und ergänzt bzw. auch völlig neu organisiert werden könnte. Hier gibt es eine Fülle unterschiedlicher Meinungen, die den sich bietenden Möglichkeiten teils skeptisch, teils begeistert gegenüberstehen.

Was das VC betrifft so hätte eine Neuauflage oder ein ähnlicher Versuch nur vor dem Hintergrund eines überarbeiteten methodischen Konzepts, einer klaren Zielsetzung und einer festen Organisationsstruktur Sinn. Einschränkend muß man allerdings hinzufügen, daß grundsätzlich die Bereitschaft besteht, auch an anderen Versuchen einer übergreifenden virtuellen Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen, außeruniversitären Einrichtungen und Firmen mitzuarbeiten, solange es nur jemanden gibt, der hier die Organisation übernimmt. Die überwiegende Zahl der beteiligten Dozenten bieten ihre Veranstaltungen ohnehin schon in mehr oder minder stark entwickelter Form als „halbvirtuelle“ Seminare an, d.h. in einer Verbindung von Präsenzveranstaltungen und Internet- bzw. WWW basierten Aktivitäten. Ein dezentraler Ansatz sei bei dem augenblicklichen technischen und qualifikationsmäßigen Entwicklungsstand allerdings nicht angemessen. Deswegen sollte im Rahmen einer erneuten Zusammenarbeit interessierter Universitäten und anderer Träger vordringlich die Einrichtung von „Kompetenzzentren“ zu Schwerpunkten wie beispielsweise Technik, Didaktik oder Mediendesign erfolgen, die das fehlende Know-How zur Verfügung stellen.[11]

Alle Meinungen orientieren sich, mehr oder weniger voneinander abgrenzbar, an zwei grundsätzlichen Modellen: dem sog. Add-on Modell einerseits, das traditionelle Lehrveranstaltungen mit Komponenten aus Multimedia, WWW und Internet „aufpeppen“ möchte und dem Teleteaching/-learning, der technisch revolutionierten aber im Prinzip traditionellen Fernlehre andererseits. Dabei ist auffallend, das Letzteres im Gegensatz zu positiven Erfahrungen in den USA, wo sich die vollständig virtuelle Universität schon längst als fester Bestandteil der Hochschullandschaft etabliert hat, von der überwältigenden Mehrheit der Autoren und Dozenten als mögliche Form der Hochschullehre abgelehnt wird. Auch hier werden die gleichen Vorurteile wie gegenüber der traditionellen Fernlehre, z.B. die mangelnde soziale Interaktion, sowie die schwierigere Überprüfbarkeit erbrachter Leistungen, geltend gemacht, die sie so bestenfalls für den Bereich der Erwachsenenbildung tauglich erscheinen lasse. Andere, wie in unserem Fall Prof. Imhof von der FU-Berlin, warnen allerdings vor den Folgen einer lediglich marginalen Reform der Lehrformen und -inhalte. Die Zukunft stelle nun einmal die Anforderung, sich mit neuen Techniken auseinanderzusetzen. Paßt sich die Universität als wichtigste zukunftsorientierte Ausbildungsstätte ihren Anforderungen nur halbherzig an, so bestehe zwangsläufig die Gefahr der Entstehung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft im akademischen sowie im Forschungsbereich, da eine kleine Minderheit wesentlich schneller Informationen besorgen, verschieben, verarbeiten etc. könne als das Gros ihrer Kollegen.[12]

Diese Meinung steht allerdings relativ für sich alleine. Festzuhalten ist, daß die meisten im Hochschulbereich tätigen deutschen Experten dazu raten, das Beste aus der virtuellen Lehre und dem traditionellen Unterricht im Sinne des Add-on Modells miteinander zu verbinden. Dabei dürfe es dann allerdings nicht bloß um eine tumbes „mehr Masse“ z.B. mit Hilfe von Videokonferenzen gehen, sprich einem Abbau von Lehre auf der Grundlage der Erreichbarkeit einer größeren Zahl von Studenten mittels Multimedia, sondern vielmehr um eine dem technischen Standard und dem Know-How aller Beteiligten angepasste Flexibilisierung und Modifizierung des Informationsaustauschs (Newsgroups, e-mail, Echtzeit-Chat, Zuschaltung auswertiger Experten per Videokonferenz etc.), der Informationsbeschaffung (WWW, digitale Handapparate, Links etc.) sowie der Darstellung von Arbeitsergebnissen und schriftlichen Beiträgen (Seminar-Homepage, virtuelle Modelle, eingespielte Videosequenzen etc.). Die verschiedenen Möglichkeiten sind in unterschiedlichen Variationen denk-, einschränk-, und ausbaubar. Viele Dozenten bieten ihre Veranstaltungen schon zum Teil oder sogar vollständig im Sinne des Add-on Modells an. Diese Lösung stellt sich im Hinblick auf die Hochschullehre als realistischer und praktikabler dar als das Teleteaching bzw. die vollständig virtuelle Universität. Bevor man sich in Deutschland an solche Konzepte heranwagen kann, müßten zuerst viel weitgehendere Probleme erörtert werden, wie etwa die Abgrenzung der Hochschul- zur Weiter- und Erwachsenenbildung; damit einhergehend auch das Problem der Gebührenpflicht, die Frage nach der öffentlichen und der privaten Bildung; sprich: Was für eine Universität wollen wir überhaupt?

 


5. Zusammenfassung

 

Die Problematik der Ausgangsposition des Virtual College hat bis heute keine weitgreifende Veränderung erfahren: der Konflikt zwischen echtem virtuellen Lernen und den Hochschulstrukturen einerseits und der übertriebene Fortschrittsglauben an die Möglichkeiten der neuen Medien andererseits bestimmen auch heute noch die Diskussion um Online-Learning.

Das Virtual College stellte seinen Betrieb als Dachorganisation im Wintersemester 1997/98 ein, eine Fortsetzung des Projektes in einer offeneren Form steht ebenso wie die angekündigte Nachbetrachtung des Erreichten noch aus.

Die von uns erhobene Bewertung der Beteiligten zum Pilotprojekt Virtual College fällt kontrovers aus, die Verantwortung für die teilweise desillusionierende Entwicklung wird oft bei den anderen beteiligten Gruppen gesucht. Im folgenden seien die Problemfelder noch einmal umrissen.

Eine Problematik ergab sich aus der unklaren Entscheidungsstruktur am Virtual College. Das Institut für Medienintegration initiierte das Projekt, warb für die Partner und Sponsoren, bei Dr. Ulrich Lange liefen die Fäden zusammen. Für die Inhalte waren die einzelnen Dozenten verantwortlich, als organisatorisches Gremium entstand ein nahezu regelmäßiges Treffen mit Vertretern der beteiligten Einrichtungen. Die Konzeption wurde von einer übergreifenden Arbeitsgruppe erarbeitet, später allerdings nicht mehr gemeinschaftlich modifiziert. Hinzu kam die räumliche Entfernung, so stand der Server z.B. am Projektrechenzentrum der TU, die administrativen Aufgaben wurden jedoch vom heutigen Medienbauhaus aus durchgeführt. Die Lehreinrichtungen erwarteten mehr Anleitung und Organisation, die Initiatoren mehr Eigeninitiative. Eine eindeutige Struktur hätte diesem Umstand entgegenwirken können.

Der Umgang mit neuen Technologien bringt die Gefahr mit sich, zum Selbstzweck zu werden. Ankündigungen konnten nur teilweise eingelöst werden, es gab Probleme mit der Übertragung und Infrastruktur. Sowohl von Studierenden- als auch von Dozentenseite gab es Defizite in der Handhabung der virtuellen Medien, nur ein selbstverständlicher Umgang mit diesen hätte allerdings ein sinnvolles Ausspielen der Vorteile ermöglichen können. Die Verbesserung der Kommunikation konnte auf einer Gesamtebene mit allen VC-Mitgliedern nicht geleistet werden, sondern nur auf Seminarebene stattfinden. Geblendet vom Hype durch Industrie und Medien stellten viele Lernende ernüchtert fest, daß die Einarbeitung mit mehr Mühe verbunden war, als dem in vielen Fällen ein Nutzen gegenüberstand. Der Mehrwert für die Studierenden wurde durch kein Gremium geregelt, attraktive Inhalte standen kurzen Ankündigungstexten gegenüber.

Der unverbindliche Charakter des gebotenen Contents war eine Folge des gebührenfreien Zugangs zum Virtual College, der letztendlich auch die Weiterentwicklung in Form eines eigenen Studienkonzepts erschwerte. Ein anderes Modell wäre die kommerzielle Vermarktung von Inhalten, die dem Konzept des Virtual College allerdings widersprach. Von Anfang an krankte das Projekt auch an den unbeweglichen Strukturen der Universitäten, die Kooperationen kaum unterstützten und weitergehende Rahmenbedingungen nicht zu schaffen wußten.

Das Virtual College stellte eine Plattform für Lehrveranstaltungen im Umfeld der neuen Medien dar, schließlich eine Art universitätsübergreifendes kommentiertes Vorlesungsverzeichnis, das nur teilweise einen Einblick in den Verlauf der Veranstaltungen gab. Für einen Studierenden aus Frankfurt (Oder) kann nur wenig interessant sein, welche Seminare in Brandenburg angeboten werden, wenn die wöchentliche Präsenz Voraussetzung für die Teilnahme ist. Die kleinen Hochschulen erhofften sich eine Erweiterung ihres Lehrangebotes, der Rücklauf von Studierenden anderer Fakultäten fiel allerdings gering aus. Für das Stattfinden der Veranstaltungen war der VC-Überbau nicht notwendig, die gegebenen Möglichkeiten wurden nur selten ausgeschöpft.

Obwohl die methodisch-didaktischen Erkenntnisse nur spärlich erfaßt wurden - eine Bündelung der persönlichen Schlüsse ist hier noch unbedingt vonnöten - klare Ergebnisse oder Fortschritte in Seminarstruktur und Kommunikation nicht eindeutig auszumachen sind, kann das Virtual College doch als Modellversuch gelten, der die Erprobung der neuen Lernwelten vorantrieb, Öffentlichkeit mobilisierte und Menschen an die neuen Medien heranführte.

Der Titel „Virtual College Berlin-Brandenburg“ ließ in der Außenwirkung eine virtuelle Universität erwarten, die das Studieren von zu Hause aus ermöglichen könnte. Die Diskrepanz zwischen dieser Erwartung und dem kritischen Umgang mit reinem Online-Fernstudium war in der Öffentlichkeit nur schwer darzustellen und verwässerte die Position des Virtual College. Der nächste Schritt hätte das Angebot eines zertifizierten Aufbaustudiengangs sein müssen. Das Gesamtkonzept konnte dem nicht gerechtwerden, bot in dieser Gestaltung keine Entwicklungsmöglichkeiten. An diesem Punkt brach das Projekt schließlich auseinander.

Das Virtual College Berlin-Brandenburg kann als abgeschlossen gelten, in dieser Form hat es seine Ziele aber auch seine Grenzen erreicht. Eine Fortsetzung kann nur in einer neuen Konzeption bestehen.

 


6. Literatur:

 

Institut für Medienintegration (IMI): Programm und Veranstaltungsverzeichnis, Virtual College Berlin-Brandenburg, Teledidactica Berlin-Brandenburg, Copy+Right. Berlin, Frankfurt (Oder), Potsdam, Görlitz; 1996.

 

http://virtualc.prz.tu-berlin.de

http://www.prz.tu-berlin.de/~virtualc/

http://virtualc.prz.tu-berlin.de/~imhof

http://virtualc.prz.tu-berlin.de/~lange

http://www.uni-potsdam.de/u/slavistik/vcss97.htm

http://viadrina.euv-frankfurt-o.de/~sw2

http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/PAEDPSYCH/NETLEHRE/NetLehre.html

http://www.erziehung.uni-giessen.de/abw/t...kdwolf/paper/InternetBasiertesLernen.html

 



[1] Institut für Medienintegration (IMI): Programm und Veranstaltungsverzeichnis, Virtual College Berlin-Brandenburg, Teledidactica Berlin-Brandenburg, Copy+Right. Berlin, Frankfurt (Oder), Potsdam, Görlitz; 1996. S.6

[2] http://www.prz.tu-berlin.de/~virtualc/

[3] http://www.prz.tu-berlin.de/~virtualc/

[4] ebd.

[5] ebd.

[6] Lange, U.: Dedizeirte Bildung in neuen Kommunikationsmedien. Ein Weg zur Erneuerung der Universität? 1996. http:\\virtualc.tu-berlin.de\~lange\Bildnet1.htm Stand: 31.3.1998

[7] Ebd.

 

[8] Institut für Medienintegration (IMI): Programm und Veranstaltungsverzeichnis, Virtual College Berlin-Brandenburg, Teledidactica Berlin-Brandenburg, Copy+Right. Berlin, Frankfurt (Oder), Potsdam, Görlitz; 1996. S. 2.

[9] Vgl. Homepage des VC (s. Literaturhinweise S. 26 dieser Arbeit).

[10] Stefan Krempl in seinem Antwortschreiben.

[11] So Dr. Juergen Kawalek, der als Vertreter des Prozessrechenzentrums der TU-Berlin anfangs Präsentationspflichten für das VC ausführte und im weiteren Verlauf für die technischen Fragen des VC-Servers zuständig war, in seinem Antwortschreiben.

[12]Frei nach einem Seminarvortrag von Prof. Imhof am 07.01.1998 an der FU-Berlin.


 [AST1]